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Re: SM und der Nachwuchs

geschrieben von nachtschatten  am 31.08.2011 um 18:07:18 - als Antwort auf: SM und der Nachwuchs von Simönchen
Hallo,

eigentlich traue ich mich nicht wirklich, hier überhaupt was dazu zu schreiben. Allein aus dem Grund, weil ich mich selbst gegen Familie und Kinder entschieden habe (vorerst) und deshalb schlichtweg nicht die Erfahrung habe. Ohne Erfahrung aber meine ich, dass ich für keine Meinung die entsprechende Verantwortung übernehmen könnte.

Aber da ich mich ja an anderer Stelle auch mal zu dem Thema „Offenheit in der Erziehung“ geäussert habe, finde ich das jetzt einfach interessant.

Ich muss sagen: So oft ich mir das jetzt durch den Kopf gehen ließ... ich finde das trotz allem ein schwieriges Thema und kann mir nicht so recht vorstellen, wie ich selbst damit umgehen würde.

Ich habe nur ein paar Gedanken – und wenn die auch arg theoretisch sind, will ich sie doch mal anbringen, vielleicht als ganz kleine Inspiration:



Ich vermute, dass man eigentlich die Ängste, die man gegenüber einem Thema vor der „Öffentlichkeit“ hat, auch auf die Kinder überträgt. Ich will damit sagen, dass das große Problem eigentlich nicht ist, dass ein Kind so großen Schaden dabei nehmen würde, wenn es vom sexuellen Verhalten seiner Eltern erfährt.

Ich denke, das Problem ist, dass das Kind spürt, dass das ganze Thema überhaupt irgendwie geächtet ist, dass alle komisch damit umgehen, dass versucht wird, ihm etwas vorzuenthalten, dass da etwas ist, das es nicht verstehen darf. Meiner Meinung nach schadet diese Verunsicherung eigentlich viel mehr als wenn das Kind erfährt, dass es der Mama halt Spass macht, wenn Papa sie fesselt, oder dass Mama gerne exzentrische Klamotten trägt.

In all dieser Vorsicht gegenüber dem Kind ist doch eigentlich auch die Vorsicht vor der Gesellschaft enthalten (vgl. MerlinSaar). Hier beginnt doch das eigentliche Problem: Was erzählt das Kind seinen Freunden/Freundinnen, wer bekommt es dann noch mit. Vielleicht ist das der Grund, warum Seilchen sich in diesem Thema einfach recht sicher fühlt – mit einem BDSM-Laden ist das halt sowieso schon bekannter.

Natürlich bleibt dann noch die Frage, was sich die Tochter oder der Sohn dann eigentlich unter all dem vorstellt, und ob das auch verunsichern/schaden kann. Dazu meine ich, dass Kinder für gewöhnlich schon viel früher als mit 12 Vorstellungen davon erfinden, was es nun mit Mann und Frau auf sich hat, wo nun die Kinder herkommen, ob der Papa der Mama beim Sex wehtut (wenn das Kind überhaupt aufgeklärt wurde) etc..

Ich denke, das Wichtigste ist, zu akzeptieren, dass diese Neugier bei den Kindern natürlich ist, und nicht etwa eine Folge eurer speziellen Neigungen, die den Kindern erst solche Ideen und Fragen in den Kopf setzen würden. Es gibt da, das will ich sagen, keinen Grund für unbewusste Schuldgefühle gegenüber den Kindern.
Man sollte auch nicht vergessen, dass ein Kind mit 12 Jahren sicher schon mal soetwas wie „sadomasochistische“ Neugierden hatte (natürlich ohne das mit einer erwachsenen Sexualität in Verbindung zu bringen), man gedenke nur, aus welchem Alter unzählige SMler von ihren ersten „Erfahrungen“, dem ersten Kribbeln berichten. Und das, was die Erwachsenen da „spielen“ ist den meisten ja auch schon vertraut aus etlichen Kinderfilmen, wie wir ja in einem anderen Thread schon feststellten (zu meiner Zeit jedenfalls wimmelte es da nur so von Fesselszenen).

Das Problem, warum wir letztlich Sorgen haben, SM vor Kindern fernzuhalten ist wohl letztlich auch da, weil wir Sexualität in unserer Kultur als ein Wissenstabu gegenüber Kindern ansehen. Diese Problematik kann man als einzelne Familie nicht ohne Weiteres auflösen. Wir alle bleiben da in gewisser Weise in der Abhängigkeit der Gesellschaft und ihren Strukturen und müssen uns vorerst mit Kompromisslösungen abfinden.

Nun, ebenso wichtig für das seelische Heil des Kindes ist es natürlich, dass es ganz klar weiss, dass der Papa der Mama nichts antut und sich beide und ihre Kinder lieben. (Hier erschrecken mich eher jene SMler, für die Kuscheln tabu ist!)

Ich denke, dass ich mindestens ebenso, ja noch viel mehr verunsichert wäre, wenn ich Kinder hätte, und die fragen würden. Mir wäre es, ganz allgemein gesagt wichtig, den Kindern ein möglichst unkompliziertes Bild zu vermitteln, das sie in ihrer seelischen Struktur stärkt. Was ich irgendwie versuchen würde zu vermeiden sind Andeutungen und Märchen, die letztlich nur eine Verunsicherung im Kind zurücklassen und ihm später den Umgang mit den eigenen Neugierden zu einem unlösbaren Konflikt werden lassen. Das Kind auszuschließen aus einem großen Geheimnis der Erwachsenen hinterlässt im Menschen immer ein tiefes Gefühl der Verletzung und Verunsicherung. Und wo jemand keine Antworten bekommt, da beginnt er/sie ohnehin, sich seine eigenen Ideen auszumalen – und die lösen dann nicht selten angstvolle Vorstellungen oder Phantasien aus.

Ich meine, Kinder haben ein beinahe erschreckendes Gespür für die Wahrheit und wollen niemals weniger als diese. Die Angst, dass etwas verboten ist, löst nach meiner Meinung in einem Kind viel größere Ängste aus als eine Menge harte Realität. Das Kind nimmt die Angst und das Verbot nur dann in Kauf, wenn es merkt, dass es nur so die ihm lebensnotwendige Harmonie erhalten kann. Aber Tatsachen, die ihm eröffnet werden, ohne seine Bedürfnisse nach Harmonie und Liebe zu stören können es eigentlich nur festigen.

Ich finde, mit deiner Antwort, dass dir deine Stiefel einfach gefallen, und du sie deshalb gerne zu Hause trägst, hast du das doch erst mal ganz unkompliziert gelöst. Weder hast du deine Tochter belogen, noch hast du ihr die Frage zum Verhängnis gemacht. Sie hat eine Antwort, die sie nachvollziehen kann, und die letztlich genau das ausdrückt, was du auch empfindest.

Ich weiss ja nicht, was du noch so in deinem Kleiderschrank hast, das schwierigere Fragen aufwerfen könnte?
Spätestes, wenn deine Tochter dich fragt, ob du zufällig „SM machst“, denke ich, dass sie reif genug für eine offene Antwort wäre. Bis dahin sollte es doch kein Problem sein, ihr einfach weiterhin einfache und ehrliche Antworten zu geben. Früher oder später wird sie sich ohnehin damit abfinden müssen, dass ihre Eltern halt „anders“ sind. Solange ihr damit der Eindruck nicht verloren geht, dass ihr selbstbewusste Menschen seid, die ihre Kinder lieben, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass ihr das irgendwie schaden kann.

Den großen Haken sehe ich da eher wieder beim Thema Gesellschaft: Wie wird ihre beste Freundin darauf reagieren, wenn sie das Bedürfnis hat mit ihr darüber zu reden. Und das spiegelt dann wieder vielmehr die Klischees und Vorurteile, die überall kursieren. Hier entsteht dann ein neuer Konflikt für das Kind, wenn die Freundinnen aus den Meinungen ihrer Familien heraus etwas verächtlich machen, was die Eltern tun.

Ob es nun ein „komischer“ Beruf ist, oder eine bestimmte Religion oder politische Haltung. Viele Kinder sind diesem Terror der Mitmenschen ausgesetzt aufgrund spezieller familiärer Konstellationen. Ich denke, oft will man seine Kinder vielmehr davor schützen, als vor den eigentlich harmlosen Tatsachen. Ich glaube, hier liegt die eigentliche Angst verborgen, die wir haben, wenn uns Kinder nach unserer Sexualität fragen.

Eine letzte Frage bleibt mir bei allem Grübeln offen: Was denkt ein Mädchen, das erfährt, dass seine Mama sich gerne von ihrem Papa schlagen lässt – was denkt ein Junge darüber, wenn er weiss, dass der Papa die Mama gerne schlägt?
Ich antworte mal mit einer Gegenfrage: Was bedeutet diese Frage für den Unterschied von SM und häuslicher Gewalt? Was sagt uns das über den Wortschatz, den wir haben, um SM zu erklären ... z.B. unseren Kindern?


Soweit mein Senf dazu.

Grüsse

nachtschatten



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Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 31.08.2011 18:07
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