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Re: Devote Damen

geschrieben von nachtschatten  am 11.01.2011 um 20:50:26 - als Antwort auf: Re: Devote Damen von Jeanette
Hallo Jeanette,

das ist wirklich ein schöner Beitrag von dir. (nicht nur, weil du zu meinem vorherigen Text so viel positives feedback gibst :-) )

Ich möchte mir erlauben, auch noch ein paar Gedanken dazu zu schreiben:

Zuerst mal muss ich sagen, dass ich echt Respekt habe vor deinem Mann, dass er das so hinkriegt, genau die richtigen Entscheidungen zu treffen, um dir das gewünschte Gefühl zu geben. Nun, im Grunde liegt das ja auch wieder daran, welche Menschen da zusammentreffen. Du bist eben auch die Frau, die sich genau darauf gut einlassen kann.
Wenn ich nur daran denke, dass ich meiner Freundin einfach ein Essen bestellen würde – ich glaube, der Tag wäre gelaufen. ;-) Nicht nur, dass sie eine echte Feinschmeckerin ist, es ist auch viel zu sehr ihren Launen geschuldet, was sie gerade mag. Und selbst, wenn wir gemeinsam kochen, kann es auch vorkommen, dass sie mich (mittlerweile eher freundlich) darauf hinweist, dass ich das Gemüse ein paar Millimeter kleiner schneiden soll. Und da mein Appetit nicht so launisch ist wie ihrer, bestimmt sie letzlich auch meistens, was wir kochen. Ich mache natürlich ganz tapfer trotzdem immer meine drei, vier Vorschläge, während ich mich versuche daran zu erinnern, was ihr neulich so gemundet hat. Nachdem ich dann die abwertenden Kommentare geduldig über mich ergehen habe lassen, freue ich mich über ihre Vorschläge, die ich dann auch gerne willkommen heiße. Sollten wir doch mal ein Gericht aus meiner Vorschlagsliste kochen, dann heisst ein klares „Nein“ zu „diesem Gewürz“, auch „Nein“. Naja, sie kocht halt einfach gut...

Also worauf ich hinaus will: bei uns ist der Alltag wohl tatsächlich etwas ganz anderes als unsere erotischen Neigungen. Natürlich kann ich ihr auch mal Halt geben, oder sie in den Arm nehmen. Aber eine wirklich erotisch motivierte Dominanz meinerseits gibt es bei uns wohl nur im Bett (wobei das natürlich nur sinngemäß gemeint ist ;-) )

Bei uns ist das wirklich so, dass wir uns da ganz gezielt drauf einlassen. Das Umschalten auf die damit verbundenen Gefühle kann da manchmal schwer sein. Für mich, genauso wie für sie, denn sie reagiert im Alltag eher sehr empfindlich auf jede Form der Bestimmerei. Im Grunde ist es dann auch immer ein Schritt, der irgendwie von ihr kommen muss. Sie muss bereit dazu sein, mit mir in eine etwas andere Welt abzutauchen.

Für mich steht dabei das Fesseln oft im Vordergrund. Aber ich musste mit den Jahren lernen, sie auch „gut zu dominieren“. Ich habe einfach gemerkt, dass das eine sehr wichtige Komponente für sie ist. Und während ich mich schon seit einigen Jahren auch mit eher aufwendiger Seilbondage beschäftige kam von ihr immer öfter der Wunsch, dass ich die Fesseln doch mal weglassen, und meiner „Macht“ über sie auf andere Weisen Ausdruck verleihen soll.

Das fiel mir oft gar nicht so leicht. Ich glaube heute, dass das auch daran lag, dass es ihr nicht leicht fiel, sich wirklich darauf einzulassen. Das hatte dann vielleicht oft sogar so etwas von „topping from the bottom“.
Aktiv war ich allerdings immer in dem Sinne, dass ich das ganze Thema Fesseln etc.. eigentlich angeschleppt habe, und auch heute noch derjenige bin, der sich das meiste ausdenkt. Irgendwann beschloss ich einfach mal, mir Hanfseile zu besorgen und langwierig zu veredeln, und sie konnte sich auch darauf einlassen und der Ästhetik etwas abgewinnen. An Konstruktionen für Fesselungen habe auch immer ich rumgebastelt, um ihr dann alles vorzustellen. Ich bin auch derjenige, der im Internet und in Büchern nach Inspirationen sucht oder stundenlang versunken ist in Überlegungen zu all dem. Allerdings suche ich auch immer aktiv ihr feedback. Ich habe ihr schon selbstgeschriebene Fragebögen erstellt und stosse meistens die Gespräche über ihre Wünsche und Fantasien an.
Wenn sie dann wirklich ganz ausgeliefert vor mir ist, bin ich allerdings immer sehr vorsichtig damit, sie wirklich mit etwas Unerwartetem zu überraschen. Trotzdem halte ich das für wichtig, und ich habe mit der Zeit immer besser gelernt, an ihren Reaktionen abzulesen, ob der Schritt richtig war. Aber auch sie hat gelernt, mir dabei das richtige Feedback zu geben, ohne die Session gleich zu gefährden.

Was ich dabei vielleicht für einen interessanten Gedanken halte ist, dass ich im Nachhinein schon das Gefühl habe, dass mich diese Erfahrungen geprägt haben in meinem Alltag. Ich hatte irgendwann den Anspruch an mich, ihr gegenüber selbstsicherer aufzutreten, weil das die Hoffnung auf eine Session mit ihr doch irgendwie erhöhen konnte. Einfach plötzlich jemand ganz anderes zu sein, ist trotzdem nicht einfach so möglich. Und ein gewisses Selbstbewusstsein macht halt doch sexier. Ich muss zu meiner Entschuldigung sagen, dass wir auch relativ jung zusammen kamen, und sie meine erste Freundin war und ist.

Aber unsere gemeinsamen Erfahrungen sind trotzdem immer noch ganz für sich stehende Inszenierungen unserer geheimen Leidenschaften. Wir haben nie zusammen gewohnt (trotz der mittlerweile vielen Jahre) und das mag einen Weg unserer erotischen Wünsche in den Alltag hinein erschwert haben. Die Zeit ist für uns auch heute noch immer sehr knapp und man muss so viel unterbringen, um eine so lange Partnerschaft zu erhalten.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Nähe und Intimität in unseren Sessions zunimmt. Das lässt auch wieder Raum, etwas von den dort erlebten Gefühlen in den gemeinsamen Tag mit einfließen zu lassen. Und natürlich auch in die gemeinsame Sexualität jenseits dieser speziellen Vorlieben. Die Übergänge bleiben fließend und es kann auch schnell passieren, dass ich plötzlich mal gefesselt und ausgeliefert bin.
Eines ist bei uns jedenfalls klar: Das Wichtigste, was ich brauche ist eine unerschütterliche Geduld. Ich musste regelrecht lernen, absolut ausgehungert die Zeit zu überstehen. Denn dass ich einfach beginne, ihr aus dem Moment heraus etwas zu befehlen, zieht bei ihr gar nicht. Da würde sie mir wohl eher den Vogel zeigen. Je mehr ich auf sie hindrängele, desto länger lässt sie mich schmoren. Wenn aber die Zeit gekommen ist, dass ich ihre Signale so deuten kann, dass es mal wieder Zeit wird, dann kann sie mich mit so inniger Hingabe beschenken, dass es mich beinahe überfordert. Naja, ich lerne... aber wehe, ich deute die Signale falsch! ;-)

Ach ja, es gibt da diese Momente in der Session, wenn sie ganz dahingeflossen und berauscht in den Seilen dasitzt. Dann gebe ich ihr zur Belohnung einen innigen Kuss und für diesen Moment spüren wir auch wieder ganz die Augenhöhe, auf der wir uns eigentlich immer befinden. Manchmal sagen wir uns dann auch, dass wir uns lieben und das nimmt dem Ganzen gar nichts von seiner Geilheit.  Das war nicht immer so und ich freue mich, dass wir uns dort hin gearbeitet haben.
Der Widerspruch zwischen den devoten Wünschen, den sadistischen Neugierden, der Selbstaufgabe und dem Respekt, der Liebe, der Souveränität beider Partner ist in so einem Moment ganz aufgehoben.

Es scheinen auch noch einige Türen nicht geöffnet zu sein. Die vielen Gespräche gerade von Frauen über Klamotten, auch in diesem Forum, haben mir klargemacht, dass ich eine ganz wichtige Seite viel zu wenig beachtet habe. Da meine Geliebte erst langsam beginnt, auch mal ausführlicher von sich aus  über ihre Wünsche zu reden, war es auch an mir, den geheimnisvollen Reiz bestimmter Kleidungsstücke näher zu erforschen. Hier haben mir manche offene Texte sehr viel beigebracht.

So, ein langer und auch sehr offener Text. Ich bin mir sehr unsicher dabei, ihn abzuschicken. Aber ich hoffe, dass ich damit irgendetwas beitragen kann und dass ich dabei nicht auf allzu böswillige Leser stosse. Auch, wenn das hier ein absolut anonymes Forum ist, gebe ich doch auch die Geheimnisse eines von mir geliebten Menschen irgendwie preis. Ich hoffe, mit diesem Opfer auch ein besseres Verständnis auf die Frage von lauscher vermitteln zu können und auch ganz allgemein noch einmal zeigen zu können, dass es bei diesem Thema immer zuallererst um Liebe und Respekt geht.

Und zuletzt ist das ja auch ein Bericht zu einem von dir gewünschten Beispiel einer  etwas deutlicheren „Trennungslinie zwischen Bettkante und dem Rest des Lebens“...


Liebe Grüsse

nachtschatten
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Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 12.01.2011 06:12
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