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porn - Oh! (was für Grübler)

geschrieben von nachtschatten  am 18.07.2009 um 15:37:01
Hallo,

ist (wieder) mal ein heftiges Thema!
Aber es dürfte schon hier rein passen. Da ich ja auch viel Aufwand habe, das alles zu formulieren, danke ich im Voraus schon mal der Administration, dass sie das alles durchackert und ggf. hier veröffentlicht. (Schon mal zur Beruhigung: Trotz des Titels beinhaltet dieser Text weder pornografisches Material, noch wird hier irgendeine Form von Pornografie beworben oder verlinkt)

Allerdings geht es mir hier schon um das Thema Pornografie- und zwar BDSM-Pornografie.

Als Jugendlicher hatte ich komischerweise mit dem allen gar nichts am Hut. Ich hatte meine Fantasien aus Filmen oder Comics und vor allem im Kopf. Gewöhnliche Pornografie fand ich immer eher abtörnend. Erst als ich schon lange in einer Beziehung war und Erfahrungen gesammelt hatte, wurde mit dem ersten privaten Internetanschluss die Hürde für die reine Neugier so klein, dass ich es nicht lassen konnte, Google zu „missbrauchen“.

Was ich fand, hat mich schier umgehauen. Ohne einen Pfennig zu bezahlen, bekommt man allein schon durch Werbekampagnen und ohne irgendeine Jugendschutzhürde zu durchlaufen, so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann.

Die Neugier ist da schnell stärker als jedes Gewissen. Ausserdem wird ja auch der Ästhet und Kenner durchaus bedient und so denkt man sich: Warum nicht?

Allerdings sind mir mit den Jahren auch seltsame Zweifel gekommen:
Ich glaube, eine einschneidende Einleitung war unter anderen ein Fernsehinterview mit der EMMA Herausgeberin Alice Schwarzer, das vor einiger Zeit ausgestrahlt wurde. Ich denke, sie und ihre Ansichten sind hier jedem bekannt.
In besagtem Interview vertrat sie aus frauenrechtlerischer Sicht die Auffassung, dass die Frauenverachtung in der Pornografie immer stärker zunehme. Sie begründete dies auch mit der immer stärker anwachsenden Rolle von Gewalt in solchen Darstellungen.
Schwarzer ist ja bekannt für ihre PorNo Kampagne und sprach sich auch hier vertändlicherweise für ein Verbot von jeder Form der sexuellen Gewaltdarstellung aus.
Jetzt wurde es witzig: Die zwei ziemlich jungen Moderatoren (eine Sie und ein Er) begannen nachzufragen. „Wie sehen sie das im Bereich SM?“ Es war irgendwie regelrecht putzig, als er irgendwann meinte:“ich kenne da jemanden, dem macht das einfach Spass“...
Die Argumentation der EMMA-Redakteurin war hart aber deutlich: Frauen werden schon sehr früh von der Gesellschaft zu submissivem Verhalten erzogen – Männer können mit dem Hang zu Masochismus viel leichter kokettieren – was jemand daheim macht steht jedem frei, aber die Pornografie darf ein solches Sexualverhalten nicht auch noch bewerben und so zu Missverständnissen über die weibliche Sexualität führen.
Dank der immer wieder nachhakenden Moderatoren zog sich dieses Thema im eigentlich recht kurzen Interview zu den intelligentesten drei Sendeminuten hin, die das Fernsehen jemals zum Thema BDSM zu bieten hatte.

Aber eines wurde mir klar: In der Pornografie spielt der Kampf um eine gleichberechtigte SM-Sexualität eine völlig andere Rolle! Ich möchte diesen Aspekt als ersten nennen in einer Gegenüberstellung des Für und Wieder zum Thema BDSM in der Pornografie:


1. Pornografie mit SM Inhalten kann von jedem konsumiert werden. Aus reiner Neugier dazu greifend, wird dem Konsumenten möglicherweise ein völlig falsches Bild von z.B. der weiblichen Sexualität vermittelt. Ein junger Mensch denkt möglicherweise, es sei normal, dass eine Frau geschlagen werden möchte.

2. Man weiss nie, wie „freiwillig“ jemand so einen Dreh macht. Es geht schließlich, trotz aller Lippenbekenntnisse am Ende auch schlicht um hart verdientes Geld! (Was aber dann auch jede Form der Pornografie zu einer Vergewaltigung degradieren würde)

3. SM-Pornografie könnte immer auch ein „Trittbrett“ für sogenannte Realsadisten sein.

4. Die notorische Übertreibung der gezeigten Sessions mit professionellen Models kann schnell zu einer Fehleinschätzung darüber führen, was ein „normaler“ Spielpartner wirklich verträgt.

5. Es wird großenteils kein Gefühl dafür vermittelt, wie viel Austausch vor und nach einer Session nötig ist. BDSM wird „entmenschlicht“. Auch wenn eines der professionellsten Internet-Labels das Gespräch davor und danach zum wichtigen Markenzeichen gemacht hat. (Nur ein Konsumfaktor für das anspruchsvolle Publikum?)

6. Die Unglaubliche Schwemme von Pornos lässt das Individuum am Ende lieber vorm Bildschirm verkümmern, anstatt die wirklich gelebte Sexualität anzuspornen und die zwischenmenschliche Kommunikation zu fördern.


Andererseits kann man auch anders argumentieren:

1. Wenn man schon behauptet, Pornografie beeinflusse das sexuelle Verständnis, dann könnte eine „vernünftige“ SM-Ponografie auch zeigen, wie man es wenigstens „richtig“ macht. (Was aber momentan oft eher umgekehrt ist!)

2. Es gibt viele Formen von Darstellungen, die sehr unklar an der Grenze von Kunst und Porno entlangbalancieren. Ein Beispiel wären die oft wunderschönen Japan-Bondage Fotos, die nicht selten mitten unter der Flut der Hardcore-Darstellungen kursieren. Ebenso haben sich die berühmten Betty-Page Bilder teilweise schon einen Ruf als subversive Kunst erkämpfen können.

3. Es ist in keiner Weise belegt, dass jemand erst durch den Konsum von Pornografie sein Sexualverhalten verändert. Statistiken deuten sogar darauf hin, dass das Verhältnis von konsumierter SM-Pornografie der Verteilungskurve dieser Neigung in der Gesellschaft entspricht (Quelle nicht mehr bekannt – bitte andere Infos angeben, wenn vorhanden) In diesem Zusammenhang könnte man auch den Kompensationseffekt nennen, der mir aber aus irgendeinem Grund unheimlich ist.

4. Vorausgesetzt, man akzeptiert Pornografie insgesamt, wäre es dann nicht ungerecht, bestimmte Neigungen als gefährlich und unmoralisch zu erklären?

5. In manchen Fällen bedarf es bei BDSM-Praktiken einer viel größeren Sorgfalt und oft eines ganzen Teams, das den Ablauf überwacht. Ein Beispiel wären aufwendige Bondages oder der Bereich Kreuzigungsfetisch. Hier wird ein optischer Genuss für alle bereitgestellt, den ein Paar in seinen vier Wänden gar nicht ohne Risiko praktizieren könnte.

6. Nicht zuletzt habe ich für das eigene Spiel schon unzählige Anregungen und Ideen aus pornografischen Darstellungen geholt. Das geht vor allem von Fesselideen bis hin zu kleinen „Gemeinheiten“ für den Sub. So viel gute Literatur und offene Foren gibt es noch gar nicht, dass sie das kompensieren könnten. Leider...



Soweit...

Die rechtliche Situation nährt sich meines Wissens nach momentan auch mehr von der Praxis als von einer klaren Gesetzeslage. Soweit ich das richtig verstanden habe, könnten BDSM-Darstellungen im Zweifelsfall in Deutschland jederzeit unter die Rubrik „Gewaltpornografie“ gestellt werden und Herstellung sowie Vertrieb wären somit illegal. Wenn hier jemand bessere Informationen bzw. ein klareres juristisches Verständnis hätte, wäre ich an Information interessiert.

...

Ich für meinen Teil habe gemerkt, dass ich von Pornografie irgendwie genug habe. Es macht mit Sicherheit nicht glücklich!! Manchmal aber ist die Neugier auf ein schönes Fesselfoto aber einfach zu groß. Oder es ist da diese Fantasie, die einen nicht loslässt und man sucht dann doch mal wieder, ob es da nicht was gibt. Im Nachinein erschrickt man oft vor sich selbst!
Aber es gibt ja niemanden, mit dem man über sowas mal ganz normal reden könnte, ohne, dass er gleich entsetzt und angewiedert davon läuft.

Ich habe mit der Zeit gemerkt, dass dieses „Zeug“ komisch machen kann, und ich will weg davon. Trotzdem möchte ich hier keine Position einnehmen. Ich genieße gerne und halte nichts von Restriktionen oder Selbstdisziplinierung. Vielleicht ist es ja auch nur ein falsches Gewissen, was mir Bauchweh bereitet.
Darum stelle ich das hier mal zur Diskussion:

Hat jemand weitere Argumente/Erfahrungen? Wie seht ihr das Thema?

Ich hoffe, ich bin objektiv und nüchtern genug geblieben, um niemandem auf die Füsse zu treten und würde mich freuen, ein paar Kommentare zu bekommen.

Viele Grüsse

P.S. (Sorry, ich weiss, ich habe selbst von der "ermüdenden Porno-Debatte" geschrieben)
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Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 20.07.2009 19:00
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