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Re: Pornografie, Moral und gesellschaftliche Verhältnisse (als Antwort an Tilly)

geschrieben von nachtschatten  am 16.11.2012 um 19:35:42 - als Antwort auf: Re: Pornografie, Moral und gesellschaftliche Verhältnisse (als Antwort an Tilly) von Bienenkönigin
Hallo Bienenkönigin,

"Aufklärung finde ich wichtig,daß unerfahrene und junge Menschen lernen,diese Filme verantwortungsvoll zu nutzen, bei Bedarf."


Und genau aus diesem Grund habe ich diesen Thread eröffnet: Damit eine offene und reflektierte Diskussion darüber entsteht. Und nicht, weil ich irgendwen dafür verurteilen will, dass er Pornos schaut, oder weil ich meine, dass es da einen ganz tollen Anspruch geben müsste.

Aber ich werde jetzt trotzdem nochmal etwas weiter ausholen, um vielleicht doch noch aufzeigen zu können, warum ich das Anliegen von Tilly verstehen kann.

Vor einiger Zeit habe ich eine Dokumentation von John Pilger gesehen, in der es darum ging, wie die USA im 20. Jahrhundert verschiedene Demokratiebestrebungen unterdrückt haben und geholfen haben, Diktatoren an die Macht zu putschen.

An einer Stelle berichtet eine Frau, die als junge Studentin von den Militärs verschleppt wurde, weil sie sich oppositionell verhielt (ich glaube, das war in Chile oder Argentinien). Sie beschreibt viele Jahre später den Tränen nahe, wie sie in einem Foltercamp von Soldaten gequält und stundenlang vergewaltigt wurde, wie man sie nackt auf einen Tisch fesselte, einen Metallstab in ihre Vagina steckte und sie mit Strom folterte.

Schauen wir uns nun die großen, erfolgreichen Labels der US-amerikanischen SM-Pornografie an: Eine Frau wird in einen Keller geschleppt, gefesselt und mit Elektroden in der Vagina gequält, bis ihr die Tränen kommen. Natürlich alles freiwillig und für Geld. Danach wird sie von den umstehenden Männern in Militäruniform in einem sogenannten Gangbang simuliert vergewaltigt.

Diese Szene ist von mir willkürlich zusammengesetzt aus hunderten von Filmchen, die alle derartige Anleihen enthalten.

Diese Filmchen können aber nicht nur erwachsene, reflektierte Frauen wie du völlig legal bekommen, sondern auch zwanzigjährige Soldaten, die in irgendwelchen Militärgefängnissen stationiert sind.

Wenn wir in die zeichnerische Ebene kommen, wird es bei der sogenannten digital-art noch expliziter: Hier sind die bis ins akribischste dargestellten Bilder von gefolterten Frauen sogar mit den entsprechenden Szenerien ausgestattet und betitelt. Eine Kriegsgefangene wird brutal gequält, Nazis haben eine Agentin erwischt und haben nun ihren sadistischen Spass mit ihr, einer Frau werden von Mafiosis die Finger gebrochen und Zigaretten auf ihrer Brust ausgedrückt. Alles nur fünf Mausklicks von hier entfernt und eindeutig für die sexuelle Stimulation gemacht.

Ich muss unwillkürlich an die Aussage einer FARC-Unterhändlerin in einem Zeitungsbericht denken, die beschreibt, dass weibliche Kämpferinnen, die von Paramilitärs oder Regierungstruppen gefangen genommen werden oft schrecklichen Behandlungen ausgesetzt sind. Manchmal werden ihnen nach stundenlanger Folter und Vergewaltigung die Brüste abgeschnitten. Wer es als Porno braucht, muss nur die richtigen Wörter googeln und kriegt es in hüschen detailverliebten Zeichnungen als ...-Vorlage präsentiert.

Sonst noch ein Thema? Frauen, die von Organisationen verschleppt werden und dann brutal zur Prostitution dressiert werden? Realität. Aber wer es als Porno braucht, kriegt es auch.

Na gut. Es reicht.

Ich werde hier sicher nicht die Frage nach der Henne und dem Ei aufmachen. Ich will mit all dem auch nicht sagen, dass solche Darstellungen grundsätzlich falsch sind. Sadismus ist womöglich eine Eigenschaft des Menschen, die irgendwie ihren Ausdruck finden muss.

Möglicherweise sind solche Darstellungen sogar gut, weil sie derartige Neugierden bewusst machen, damit reflektierbar machen und damit entschärfen. Ich jedenfalls bin mir in einem jahrelangen Prozess darüber klar geworden, dass ich solche Darstellungen auch anregend finden kann, und es hat mich viel Kampf gekostet, das einzugestehen, ohne mich schuldig und schlecht zu fühlen.

Warum ich trotzdem soviel Wind darum mache ist, weil ich weiss, dass ich diesen Darstellungen begegnet bin, nachdem ich eine Freundin hatte, nachdem ich Sex hatte, nachdem ich mich selbst schon zeichnerisch mit diesen Fantasien auseinandergesetzt hatte, nachdem ich auf einer Schule war und mein Abitur gemacht habe. Ich habe mich vorher mit vielen anderen Dingen befasst, und konnte das, was ich da sehe einordnen. Ich wusste, dass vieles davon noch heute schreckliche Realität ist. Ich konnte trennen zwischen verbotenen Fantasien und der Hoffnung auf eine bessere Wirklichkeit für viele Menschen.

Ich weiss aber einfach nicht, wie Menschen auf sowas reagieren, die heute aufwachsen, die andere Reflexionen haben, die keine freie Bildung bekommen. Ich weiss nicht, wie Mädchen damit umgehen, die sehen, dass sowas Jungs erregt. Ich weiss ausserdem, dass es eine Menge Männer gibt, die einfach so bereit sind, eine Frau zu schlagen und zu vergewaltigen, und ich weiss nicht, ob soetwas solche Männer ebenso anmacht, inspiriert, bestätigt. Ich weiss nicht, ob ein Jugendlicher, der solche Darstellungen sieht, überhaupt in der Lage sein wird, Folterungen in einer Diktatur als einen wütenden Grund zu sehen, sich gegen soetwas aufzulehnen, oder ob er nicht vor lauter Sexualisierung der Gewalt schon beinahe darauf wartet, einen kleinen Posten als Gefängniswärter zu kriegen.

All das weiss ich nicht. Und deshalb mache ich einen Wind darum.

sorry
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Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 16.11.2012 19:35
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